„Es wardt in dieser zeit ein finsternus der sunnen. Nach derselben volgten mancherlay krieg und aufrur. So erschine auch ein comet. Danach geschahe ein groáe schlacht und plutergiessung der menschen […].“
Schedel’sche Weltchronik, 1493
Zeichen am Himmel, Kometen, feurige Balken am Firmament, Schwärme von Sternschnuppen, Finsternisse, beunruhigende doppelte Monde und dreifache Sonnen, – die berühmte Weltchronik des Nürnberger Stadtphysikus und Ratsherrn Hartmann Schedel aus dem Jahre 1493 beschreibt zahlreiche derartige Phänomene, Künder von Krieg, Aufruhr, Pest, Hungersnöten.
Schon seit Urzeiten haben auffällige und den gewohnten Rahmen des scheinbar unveränderlichen Firmaments sprengende Himmelserscheinungen Aufsehen erregt: Kometen – riesige leuchtende Vagabunden des Alls, unversehens aus dem Nichts auftauchend und nach Wochen nächtlichen Daseins ebenso wieder ins Nichts verschwindend.
Sternschnuppenschwärme – die Erde mit unzähligen leuchtenden Geschossen bombardierend, ein Regen von Feuer.
Totale Finsternis, wo Gestirne ausgelöscht werden – die Sonne, eben noch gleißendes Licht verstrahlend, nun ein schwarzes Loch am Himmel, umrahmt von einem geheimnisvollen Lichtkranz, der Tag von einer Sekunde zur anderen zur Nacht gemacht.
Es mag von der Stammesgeschichte herrühren, daß der Mensch neuen, unerwartet und plötzlich auftauchenden Phänomenen, die sich zudem noch völlig seiner Einflußsphäre entziehen, zunächst mit großer Vorsicht, ja Angst und Ablehnung gegenübertrat. Die Belegung ungewöhnlicher Himmelserscheinungen mit negativen Assoziationen, ihre Deutung als Boten des Schreckens durch die Menschen vergangener Jahrhunderte, deren Grundhaltung auch von einer ständigen Sorge ums Überleben geprägt war, wird dadurch verständlich.
Die moderne Astronomie hat natürlich Erklärungen für all diese himmlischen Spektakel. Wir wissen, daß Kometen aus Restmaterie der Frühzeit unseres Sonnensystems bestehen, die, wenn sie in Sonnennähe gerät, leuchtende Gas- und Staubwolken ausschleudert. Daß bei einer totalen Sonnenfinsternis der Erdmond haargenau die Sonnen“scheibe“ abdeckt (was allerdings tatsächlich eine kosmische Laune ist) und den Strahlenkranz der Sonnenkorona sichtbar macht, ist längst bekannt.
Und doch: auch in unserer vermeintlich so aufgeklärten Zeit boomt die Scheinwissenschaft Astrologie, werden wir von Horoskopen überschwemmt, rufen Kometenerscheinungen wie Halley (1986/87) oder Hale-Bopp (1997) Weltuntergangspropheten und Wahrsagerinnen gehäuft auf den Plan.
Wir sollten uns von all dem nicht abschrecken lassen, seltene und spektakuläre Phänomene am Himmel als faszinierende Schauspiele, die uns von der Natur geschenkt werden, zu bewundern. Und vielleicht begleitet uns ja sogar ein heller Komet beim Wechsel ins dritte Jahrtausend, der bekanntlich zu Silvester 2000 bevorsteht. Wir wissen es nicht – es steht außerhalb unserer Macht.
Quellen/Sources:
- Originaltext aus dem Kalender 2000 / Original text from the Calendar 2000
die Fotos zeigen die totale Sonnenfinsternis 11.8.1999, aufgenommen in Landshut, und den Kometen Hale-Bopp (April 1997), aufgenommen bei Ansbach. - Photo: © fodoc – Fotolia.com